Burnout was ist das eigentlich

Burnout – was ist das eigentlich? Teil 2

Dies ist der zweite Artikel aus einer ganzen Reihe zum Thema Burnout. Am Ende des Beitrags findest Du Links zu allen Artikeln der Reihe in chronologischer Reihenfolge. Wenn Du alle lesen willst, empfehle ich Dir, nach der Reihe durchzugehen, um inhaltlich und thematisch an den vorhergegangenen anknüpfen zu können.

Wenn es Dir nicht gut tut, solche Inhalte zu konsumieren, rate ich Dir, die Themenartikel nicht oder nicht allein zu lesen, da sie sehr persönlich und emotional geschrieben sind.
Am Ende der Beiträge findest Du Hilfestellen, an die Du Dich wenden kannst, wenn es Dir nicht gut geht.

Allgemein

Ich werde im Folgenden auf verschiedene Punkte wie Symptome, Ursachen und Prävention von Burnout eingehen. Da eine intensive Betrachtung all dieser Abschnitte das Ausmaß eines Blogartikels definitiv sprengen würde, halte ich mich hier etwas kürzer. Am Ende des Beitrags werde ich aber alle Quellen verlinken, sofern Du Dich noch näher und intensiver mit der theoretischen Seite auseinander setzen möchtest.

Die Begrifflichkeit

Der Begriff „Burnout“ als solches ist wohl eher ein moderner Begriff für vielerlei medizinische Diagnosen. Ob chronisches Erschöpfungssyndrom oder psychische Übersättigung. Vermutlich von vielem etwas. Doch am ehesten wohl eine sehr schwere Depression. Denn „Burnout“ selbst ist keine Diagnose. Es wird im ICD10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ; ICD, englisch: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) lediglich als Unterpunkt unter dem Diagnosepunkt „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ aufgeführt1.

Auch die Beschreibung, Burnout würde primär durch eine Überlastungssituation am Arbeitsplatz verursacht, halte ich für nicht ganz geeignet. Zwar ist dies häufig der Auslöser, quasi der Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt. Die Ursachen, bzw. Burnout fördernden Hintergründe, liegen meist jedoch woanders. Wenn es uns nicht gut geht, aus welchen Gründen auch immer, verstärkt eine überlastende Arbeitssituation durch Druck, Stress, Erwartungen oder andere Bedingungen bei der Arbeit unseren negativen psychischen Zustand. Wie sollte es auch anders sein, wenn die meisten von uns dort unter der Woche genauso viel Zeit verbringen, wie schlafend im Bett. Dass das Umfeld und das Erleben dort direkten Einfluss auf unser Wohlbefinden hat und dieses maßgeblich beeinflussen kann, bleibt daher außer Frage. Wichtig ist mir nur zu betonen, dass es selten der alleinige Faktor ist, der zu einem Burnout und/oder einer (schweren) Depression führt. Zudem kann Burnout jede*n treffen. Arbeitende, Mütter, Schüler*innen, Studierende, sowie Arbeitslose.

Ursachen eines Burnout

Natürlich gibt es dennoch äußere und innere Risikofaktoren, die eine Erkrankung begünstigen können2:

Äußere Ursachen:
– Arbeitsüberlastung
– fehlende Anerkennung
– Mobbing
– Ungereichtigkeit
– wenig Kontrolle über die eigenen Aufgaben

Innere Ursachen:
– Überengagement
– hoher Idealismus
– Perfektionismus
– überzogene Erwartungen
– Zweifel am Sinn des Tuns
– Probleme, „nein“ zu sagen

Die passende Grafik von netdoktor.de findest Du hier.

Phasen des Burnout

Nach Prof. Dr. Burisch wird in 7 Phasen des Burnout unterschieden. Wobei nicht alle Betroffenen alle Phasen und in dieser Reihenfolge durchleben2:

  • Phase 1 – extrem viel Energie und Ehrgeiz
  • Phase 2 – reduziertes Engagement und Rückzug
  • Phase 3 – Depression, Aggression, Schuldzuweisungen
  • Phase 4 – Abbau und schwindende Leistungsfähigkeit
  • Phase 5 – Verflachung, Desinteresse, Gleichgültigkeit
  • Phase 6 – Psychosomatische (körperliche) Erkrankungen
  • Phase 7 – Verzweiflung und Burnout

Symptome eines Burnout

Die Symptome unterscheiden sich je nach Phase und Fortschreiten der Krankheit. Hauptsymptom ist aber das Gefühl tiefer Erschöpfung2:

  • Phase 1 – Verdrängung von Misserfolgen und Enttäuschungen, nicht mehr abschalten können (Rastlosigkeit), Energiemangel, Schlafmangel, erhöhte Anfälligkeit für Infektionen, Gefühl, unentbehrlich zu sein, …
  • Phase 2 – Reduziertes Engagement, abnehmende Empathiefähigkeit, emotionale Kälte (Zynismus), schwindender Idealismus, …
  • Phase 3 – innere Leere, bröckelndes Selbstwertgefühl, Pessimismus, Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit, Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit; aggressive Symptome: Schuldzuweisungen, zunahme von Konflikten, Launenhaftigkeit, Reizbarkeit, Ungeduld, Intoleranz, Zorn
  • Phase 4 – „Dienst nach Vorschrift“, schwindende Kreativität, Schwarz-Weiß-Denken; Probleme, Entscheidungen zu treffen
  • Phase 5 – emotionaler Rückzug, Gleichgültigkeit, Aufgabe von Hobbys, Rückzug von Familie und Freunden
  • Phase 6 – Schlafstörungen und Alpträume, Erbrechen und Durchfall, Gewichtszu- oder -abnahme, Verspannungen (Rückenschmerzen, Kopfschmerzen), verstärkter Genussmittelkonsum, sexuelle Probleme, …
  • Phase 7 – generelle Hoffnungslosigkeit, Freudlosigkeit, generelle Gleichgültigkeit, Depression, Suizidgedanken
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Burnout und Depression

Wie bereits zuvor erwähnt, liegen Burnout und Depression sehr nah beieinander. Nicht nur, weil sie ähnliche Auslöser haben, sondern auch die Symptome sind in weiten Teilen überlappend (Müdigkeit, verringerte Leistungsfähigkeit, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Interessen- und Motivationsverlust, tiefe emotionale Erschöpfung, psychosomatische Symptome…).

Hier zwei Auszüge aus Fachartikeln:

„Ein Unterschied besteht darin, dass es einem Burnout-Betroffenen besser geht, wenn die verursachende Belastung – etwa hoher Leistungsdruck bei der Arbeit, ob vom Arbeitgeber verlangt oder aufgrund der eigenen hohen Ansprüche erzeugt – wegfällt. Während das Burnout-Syndrom oft an eine bestimmte Situation des Lebens, insbesondere die Arbeitssituation gebunden ist, betrifft eine Depression häufig alle Lebensbereiche, sodass in diesem Sinn keine Entlastungsmöglichkeit besteht. Häufig bleiben die wahren Ursachen einer Depression unbekannt.“3

„Einige wesentliche Symptome von Burnout und Depressionen stimmen jedoch nicht überein. So sind Depersonalisation und Leistungsunzufriedenheit untypisch für eine Depression. Das allgemein angeschlagene Selbstwertgefühl, das viele Depressive belastet, ist wiederum nicht typisch für Menschen mit Burnout.“2

Der Übergang und die Vermischung beider Krankheitsbilder (wobei Burnout per se nicht als solches bezeichnet werden kann), sind also nach wie vor sehr fließend und undurchsichtig. Weswegen es nicht verwunderlich ist, dass sie immer wieder im selben Topf landen, bzw. als eins gesehen werden.

Zudem tritt eine Depression sehr häufig gleichzeitig mit einem Burnout auf, zumindest dann, wenn letzterer zu spät erkannt und bereits fortgeschritten ist. Daher werde ich in den folgenden Artikeln zwar im Titel von Burnout sprechen, da auch das bei mir der Auslöser war, im Detail aber immer wieder das Wort Depression verwenden, da dies, zumindest nach der Krise und während der Behandlungszeit und auch heute noch, der für mich passendere Begriff war um mich meiner Situation anzunehmen und zu lernen, damit umzugehen und sie zu bearbeiten.

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Prävention

Eine gute Prävention kann, wie bei vielem im Leben, bereits ein großer Faktor sein, gewisse Problematiken gar nicht erst auftreten zu lassen. Gute Präventionsmaßnahmen um Burnout (und auch Depressionen) vorzubeugen, sind unter anderem2:

  • Bedürfnisse erkennen, wahrnehmen und darauf eingehen
  • gesunde Ernährung und Lebensweise
  • regelmäßige Bewegung (stärkt die Psyche)
  • Stressmanagement und -bewältigungsstrategien
  • Selbstreflexion (Wie geht es mir aktuell?)
  • soziale Kontakte pflegen
  • Hilfe suchen und annehmen

Prävention am Arbeitsplatz:

  • Nein sagen (Selbstfürsorge)
  • Work-Life-Balance
  • Zeitmanangement realistisch halten
  • Autonomie anstreben (erhöht die Selbstwirksamkeit)

Warum ist das so wichtig?

2020 starben in Deutschland 9206 Menschen durch Suizid4. Das sind etwa 25 Personen pro Tag und mehr Menschen, als jährlich durch Straßenverkehr, Drogen und AIDS zusammen sterben (insgesamt 5050)5.

90% von ihnen litten unter psychiatrischen Erkrankungen, mehr als 50% davon an Depressionen.5
Außerdem ist etwa jede vierte Frau und jeder achte Mann im Laufe des Lebens von einer Depression betroffen.6
Wenn wir also vermehrt ein Augenmerk auf psychische Krankheiten legen, offen darüber sprechen und Prävention und Anzeichen ernst nehmen und sie angemessen behandeln ist das die beste Art, Suizide zu verhindern. Und dafür kann jede*r Einzelne etwas tun.

Ich kann von mir sagen, dass ich mich selbst als „Überlebende“ bezeichne. Und das mache ich nicht, um Aufmerksamkeit zu erhalten oder Mitleid zu erregen. Sondern um ganz realistisch darauf aufmerksam zu machen, wie ernst dieses Krankheitsbild ist und wie krank der Mensch werden kann, wenn sich die Umstände so drastisch verändern und der Kopf keinen Ausweg mehr sieht.
Ich bin froh, es überstanden zu haben und dass die Krankheit nicht gewonnen hat. Sonst wäre es zum Beispiel nie zu diesem Blog gekommen.

Durch Aussagen wie diese möchte ich auch andere Aussagen reduzieren. Sätze wie „Jetzt reiß Dich mal zusammen“, „Das wird schon wieder“, „Jeder hat mal eine schwere Zeit“ oder „Ist doch alles halb so schlimm“ führen dazu, dass Menschen, die sich in einer schwierigen Situation oder herausfordernden Lebensphase befinden, sich nicht ernst genommen fühlen. Ihre Empfindungen werden bagatellisiert, heruntergespielt und somit abgewertet. Betroffene erhalten den Eindruck, ihre Probleme wären es nicht wert, besprochen und bearbeitet zu werden und sie müssten damit zurecht kommen, weil es in den Augen anderer Menschen ja nicht so schlimm sei.
Das ist pures Gift! Wenn Du bisher solche Äußerungen getätigt hast, merk Dir eins:
Lass es einfach!
Frage Dich oder Dein Gegenüber stattdessen: Wie kann ich Dir helfen? Was würde Dich unterstützen? Wo siehst Du Dein Hauptproblem? Kann ich für Dich da sein?

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Quellen:

1 https://www.gesundheit.gv.at/leben/burnout/was-ist-das
2 https://www.netdoktor.de/krankheiten/burnout/
3 https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/psychische-erkrankungen/burnout-syndrom-2016416?tkcm=aaus
4 https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/suizid.html;jsessionid=73471233C78C0C5092A34996620AEAB9.live721
5 https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/suizidalitaet
6 https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/was-ist-eine-depression/haeufigkeit
weitere Infoseiten:
https://www.burn-out-syndrom.org/
https://www.das-burnout-syndrom.de/
https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/psychische-krankheiten/burn-out-symptome-ursachen-therapie-738121.html#ursachen

Wenn Du Hilfe suchst und Dich mit Deinen Problemen an jemanden wenden möchtest, kommst Du hier zu Seite der Deutschen Depressionshilfe mit vielen Anlaufstellen und Telefonnummern.
Sich Hilfe zu suchen und danach zu Fragen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Mut!

Hier kommst Du zu den anderen Artikeln aus dem Themenbereich:

Burnout – und dann? Teil 1
Burnout – Meine Geschichte Teil 3
Burnout – Wie fühlt sich das an? Teil 4
Burnout – Was mache ich dann? Teil 5
Burnout – Wie gehe ich damit um? Teil 6
Burnout – Wie geht es mir heute? Teil 7