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Fashion Revolution Week – Warum wir unsere Kleidung hinterfragen sollten

Während Kleidungsstücke in Massen für wenige Euro das Stück überall zu haben sind, sind anderswo Mensch und Umwelt die Leidtragenden für dieses Angebot. Faire und ökologische Mode stellen die Alternative dar. Doch wie erkenne ich den Unterschied?

Jedes Jahr im April wird bei der Fashion Revolution Week dazu aufgerufen, die Bekleidungsindustrie kritisch zu betrachten und unseren Modekonsum zu hinterfragen. Ich möchte in diesem Artikel eine Übersicht über das Thema geben – wo hat es seinen Ursprung, was sind die Probleme, wo können wir als Einzelperson etwas beeinflussen und was bedeutet denn jetzt Fast Fashion und Slow, bzw. Fair Fashion eigentlich genau?

Was ist die Fashion Revolution Week?

Die Fashion Revolution Week findet immer in der Woche um den 24. April statt, dem jährlichen Gedenktag (Fashion Revolution Day), der an den Einsturz der Rana Plaza Fabrik 2013 in Bangladesch erinnert. Bei dem weltweit größten Unglück in der Geschichte der Textilindustrie starben 1135 Menschen, knapp 2500 wurden verletzt.1

Nach diesem Ereignis gründete sich die internationale Kampagne der „Fashion Revolution“, gestartet von Carry Somers und Orsola de Castro, die Menschen dazu aufruft, Marken mit dem Slogan „Who made my clothes?“ zu Antworten aufzufordern.

Jede*r kann mitmachen, sich das Bild herunterladen, ausdrucken und mit dem Hashtag und seiner Kleidung auf Social Media zeigen und zum Beispiel die produzierenden Firmen darauf verlinken.

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Quelle Foto: https://www.fashionrevolution.org/resources/all-resources/

„Ziel der Aktion ist es, mit dieser simplen Frage Druck aufzubauen, und mehr Transparenz in die Modebranche zu bringen, die Umwelt zu schützen und die Rechte der Menschen, insbesondere von Frauen, zu stärken.“2

Inzwischen umfasst die Bewegung Beteiligte aus über 90 Ländern, darunter Pressevertreter*innen, Aktivist*innen, Akademiker*innen aus der Modebranche, Designer*innen und viele mehr.

Mit weltweiten Aktionen wie beispielsweise Kleidertauschpartys und Events wie Modeschauen oder Filmvorführungen, aber auch im eigenen Podcast wird informiert und auf allen Ebenen der Dialog gesucht, um Veränderung in der Textilindustrie zu bewirken.

Außerdem bieten sie Beteiligungsmöglichkeiten (zum Beispiel den Automaten zum Leihen) für Konsument*innen, Schulen und Unternehmen und stellen freies Bildungsmaterial zur Verfügung.

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Fair Fashion von Firle&Franz

Die Probleme der Modeindustrie im Überblick

Neben meist unübersichtlichen, verwobenen Lieferketten und Produktionsstätten, die es schwer machen, die Prozesse nachzuvollziehen, gibt es in der Textilindustrie vor allem zwei große Problempunkte:

Umweltbelastung

Die Herstellung von Kleidung verbraucht eine Menge Ressourcen. Die Herstellung eines T-Shirts braucht etwa 2700 Liter Wasser, was der Menge entspricht, die eine Person in etwa 2,5 Jahren trinkt. Zusätzlich dazu ist die Textilindustrie für rund 20% der weltweiten Wasserverschmutzung verantwortlich, verursacht durch Veredelung und Färbung der Kleidung.3

Sehen wir uns den Emissionsausstoß von Textilien im Vergleich zum ökologisch im Rahmen gehaltenen Fußabdruck an, wird deutlich, wie viel Einfluss unsere Kleidung darauf hat.

Die Umweltauswirkungen von Textilien
Foto 1
Co2 Fußabdruck pro Kopf Umweltbundeamt
Foto 2

In der Textilindustrie werden bis zu 3500 verschiedene Chemikalien verwendet, wovon 10% gesundheits- und 5% umweltschädlich sind.4
Außerdem verursacht die Produktion von Textilien bis zu 11% der globalen Treibhausgasemissionen.4,5

Verglichen mit dem Jahr 2000 hat sich bis 2020 die Textilfaserproduktion nahezu verdoppelt (von 58 auf 109 Millionen Tonnen) und wird bis 2030 voraussichtlich auf 145 Millionen Tonnen ansteigen. Höchste Zeit also, an unserer Haltung zu Kleidung und deren Konsum etwas zu ändern.3

Soziale Probleme

Bei fehlendem Arbeitsschutz sorgen die eingesetzten Chemikalien bei den Mitarbeitenden für ein Gesundheitsrisiko. Die Wasserverschmutzung gefährdet zudem die lokale Bevölkerung und die Tierwelt.

Die Ausbeutung der Arbeitskräfte in der Fast Fashion Industrie ist enorm. Durch extrem niedrige Löhne, lange Arbeitszeiten schlechte Arbeitsbedingungen durch fehlende Sicherheitsvorkehrungen, fehlenden Gesundheitsschutz, Sklaverei oder Kinderarbeit sind die Mitarbeitenden immensen Belastungen ausgesetzt.5

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Fast Fashion vs. Fair und Slow Fashion

Der Begriff Fast Fashion ist allen ein Begriff. Trotzdem, und zur genaueren Unterscheidung und für ein detaillierteres Verständnis der einzelnen Begrifflichkeiten, hier ein kleiner Überblick:

Fast Fashion zeichnet sich vor allem durch Billigpreise aus. Diese gehen auf Kosten von Mensch und Umwelt. Sie haben einen hohen Einsatz chemischer Mittel bei der Produktion, sowie geringe Qualität der Materialien. Häufig kommen mehrmals pro Saison, wenn nicht sogar wöchentlich, neue Kollektionen in die Läden. Das Überangebot und die günstigen Preise fördern die Wegwerfmentalität – Kleidung verliert ihren Wert.

Die schnelle Überproduktion führt unter anderem dazu, dass sowohl bei der Produktion (2020 insgesamt 40 Milliarden Kleidungsstücke) als auch in den privaten Haushalten (etwa 11kg pro Jahr pro Person) weggeworfen werden. Weniger als 1% wird tatsächlich recycelt, 80% werden verbrannt oder deponiert.5

Slow Fashion hingegen setzt auf Langlebigkeit. Hier stehen Nachhaltigkeit und bewusster Konsum im Mittelpunkt. Zeitlose schlichte Designs, nachhaltige Materialien (wie Hanf, Tencel, recyceltes Material oder Bio-Baumwolle), lokale Produktionen oder Second Hand, sowie langlebige Qualität sind wichtige Punkte davon.

Fair Fashion setzt den Fokus vor allem auf soziale Gerechtigkeit. Sichere Arbeitsbedingungen, der Ausschluss von Kinder- und Zwangsarbeit, sowie die Sicherstellung faire Löhne und transparente Lieferketten stehen hier ganz oben auf der Prioritätenliste. Es geht um eine ethische Produktion, von den Rohstoffen bis zur Ladentheke.

Sowohl für Slow, als auch für Fair Fashion sind zertifizierte Siegel als Nachweis ein wichtiges Kriterium für Kund*innen und Anbieter. Bei beiden Belangen geht es um kleinere Mengen in hochwertigerer, langlebigerer Qualität als bei Fast Fashion. Zum Schutz von Umwelt und Mensch (sowohl in der Produktion als auch später für den tragenden) kommen weniger Schadstoffe und Chemikalien bei der Produktion zum Einsatz.

Herausforderungen

Trotz all den Möglichkeiten, auf ethischere und umweltbewusstere Produkte zu achten, ist es nicht immer leicht, den Fallstricken der Industrieriesen zu entgehen.

Viele Firmen, nicht nur in der Textilindustrie, wollen die Verantwortung auf die Verbrauchenden abschieben, statt konstruktive, dauerhafte Lösungen auf struktureller Ebene anzustreben.

Die Nachvollziehbarkeit der Produktionsbedingungen wird durch Transparenzlücken erschwert. Verschönerungen in der Darstellung oder irreführende Begrifflichkeiten, wie sie häufig zum Greenwashing verwendet werden, verstärken dieses Problem zusätzlich.

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Die Rolle der Konsument*innen

Welchen Einfluss hat unser Kaufverhalten? Was bedeutet bewusster Konsum genau?

Wie in vielen Lebensbereichen hat auch bei der Kleidung jede einzelne Kaufentscheidung einen großen Einfluss auf den Markt, denn die Nachfrage bestimmt das Angebot. Greifen wir also vermehrt zu fairer, ökologischer oder Second Hand Mode statt zu Billigwaren, oder konsumieren im besten Fall deutlich weniger, wird sich auch das Angebot verändern.

Welche Fragen Du Dir beim Einkauf stellen kannst:

  • Brauche ich das wirklich? Versuche, weniger zu konsumieren.
  • Aus welchem Material ist das Kleidungsstück hergestellt?
  • Kann ich Produktionsbedingungen und/oder Lieferketten nachvollziehen?
  • Wie transparent ist die Firma?
  • Finde ich Auskünfte über Zertifizierungen oder Siegen auf der Website des Herstellers oder im Kleidungsstück selbst?

Tipps für nachhaltiges, faires Handeln

  • Wähle Second Hand, leihe oder tausche Kleidung.
  • Repariere kaputte Teile, bevor Du sie direkt wegwirfst.
  • Starte ein Upcyclingprojekt aus nicht mehr tragbaren Teilen.
  • Unterstütze Marken, die auf Transparenz und Fairness setzen – wer offen und ehrlich ist, hat nichts zu verbergen.
  • Frag nach – „Wer hat meine Kleidung gemacht?“
    Warum nicht auch mal die großen Produktionsfirmen anschreiben und herausfinden, wie offen sie ihre Prozesse legen können und wollen?
  • Unterstütze faire und nachhaltige Mode – denn mit jedem Stück übernimmst Du Verantwortung, für unsren Planeten, aber auch die Menschen die an der Herstellung beteiligt waren, auch wenn Du sie gar nicht kennst!

Fashion Revolution beginnt bei Dir

Die Fashion Revolution Week bietet einen tollen Einstieg in das Thema, das natürlich auch außerhalb dieser Awareness-Woche wichtig ist! Du kannst sie aber zum Anlass nehmen, Dich zu informieren, den nächsten Kauf bewusster zu überdenken oder selbst aktiv zu werden. Beispiele, wie das geht, hast Du jetzt ja genug.
Wie wär’s: Starte doch am Wochenende eine spontane Kleidertauschparty mit Deinen Freund*innen, geht zusammen in den nächsten Second Hand Shop oder tausch Dich aus, wer in Deinem Umfeld sich Gedanken darüber macht, wo die eigene Kleidung wohl herkommt.

Zum Schluss noch ein paar Anbieter und Marken zur Auswahl, falls Du Dich mal durch das faire und nachhaltige Sortiment stöbern möchtest:

Fair Fashion Empfehlungen

Eine Auswahl:

Kleidung

  • Kuyichi
  • Kings of Indigo
  • Recolution
  • Knowledge Cotton Apparel
  • Thinking Mu
  • Mela Wear
  • Comazo
  • Armedangels
  • Two Thirds
  • Tranquillo
  • Continental Clothing Co.
  • Neutral
  • Organication

Bademode

  • Inaska
  • My Marini
  • Dedicated
  • Oceanchild
  • Boochen

Schuhe

  • Veja
  • Ethletic
  • Genesis
  • Doghammer

Shops

  • Firle&Franz
  • Loveco
  • Grundstoff
  • Waschbär
  • Avocadostore
  • Fairfitters
  • Fuxbau
  • Lanius
  • Nordlicht
  • Greenality

Quellen:

Grafik im Titelbild: https://www.fashionrevolution.org/resources/all-resources/
Foto 1: https://www.europarl.europa.eu/topics/de/article/20201208STO93327/umweltauswirkungen-von-textilproduktion-und-abfallen-infografik
Foto 2: https://www.umweltbundesamt.de/bild/durchschnittlicher-co2-fussabdruck-pro-kopf-in
1 https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/bangladesch-zehn-jahre-rana-plaza-unglueck-textilindustrie-arbeitsbedingungen
2 https://fashionrevolutiongermany.de/wp-content/uploads/2023/05/Themenbloecke.pdf
3 https://www.europarl.europa.eu/topics/de/article/20201208STO93327/umweltauswirkungen-von-textilproduktion-und-abfallen-infografik
4 https://www.greenpeace.de/engagieren/nachhaltiger-leben/fast-fashion-versus-gruene-mode
5 https://trusted.letsflip.de/blogs/wissen/die-umweltauswirkungen-der-fast-fashion-industrie?srsltid=AfmBOooXLqoVZTcdX2SAG6J4J0PcvsDqgKYgqC0w5yowPsb_TZql_jim

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