Unverpacktladen – Tante Emmas Bruder in Friedrichshafen
Ja, es wird Zeit, dass dieser Artikel kommt. Spätestens seit ich gefragt wurde, warum ich bei Tante Emmas Bruder arbeite, dazu aber noch keinen Ladenrundgang online habe, wusste ich, dass er überfällig ist. Dabei war er schon in Planung, bevor ich im Juni dort angefangen habe.
Also geht‘s jetzt los mit dem Rundgang durch den wunderschönen Laden von Bernd Köhler, den ich meinen Arbeitsplatz nennen darf.
Was ich jedoch jetzt schon vorab sagen kann, da ich inzwischen (nach 4 Monaten als Mitarbeiterin) einen noch besseren Einblick in die Abläufe und Systeme eines Unverpacktladens habe: Hier wird mit ganz viel Sorgfalt und Recherche geprüft, welches Produkt ins Sortiment einziehen darf. Nicht nur durch die Zertifizierung steht Bio hier mit an erster Stelle. Nebst Regionalität, fairer Produktion und Nachfrage, die alle zusammen die erste Messlatte sind, welches Produkt, bzw. Marke es werden soll/darf. Eine Sorgfalt, derer mensch sich in vielen Bioläden oder Reformhäusern manchmal nicht so sicher sein kann. Einer der Gründe, warum ich die Unverpacktläden so gerne unterstütze. Sie leben ihr Projekt voll und ganz.
Jetzt aber zur Tour:
Direkt vor dem Laden gibt es viele Sitzmöglichkeiten in der Sonne, wo Du einen Kaffee mit Nussecke oder anderen im Laden angebotenen Leckereien genießen kannst. Hier fühlt sich sogar gelegentlich die Nachbarskatze richtig wohl (wenn sie dann irgendwann mal verstanden hat, dass sie nicht in den Laden rein darf) und legt sich einfach mal zum Entspannen auf einen der Sonnenplätze.
Im Laden selbst kannst Du dann die bunte Vielfalt all der leckeren und vielen Lebensmittel durchstöbern, die es hier zu finden gibt. Ob Nüsse (von fairfood) oder Samen aller Art, verschiedene Sorten Getreide (gepufft und ganz normal), (gefrier-)getrocknete Früchte wie Himbeeren, Erdbeeren, Ananas, Mango, Datteln, Aprikosen, Cranberries, Bananenchips, Sultaninen und Apfelringe, aber auch Paniermehl, Soja- und Haferdrinkpulver, Backerbsen, Kokosflocken und vieles mehr bis hin zu Sprossensaaten findest Du auf dem großen Etagentisch in der Mitte des Ladens. Genauso wie mehrere Sorten Salz und Zucker, bzw. Zuckerersatz und Tees.
Dahinter finden sich einige Schütten mit einer guten Müsliauswahl und Kaffeebohnen von der Rösterei Caffetino direkt in Friedrichshafen. Es gibt aber auch löslichen Lupinenkaffee in Pulverform.
Das Nudelsortiment bei Tante Emmas Bruder umfasst rund ein Dutzend Sorten, von Klassikern wie Spaghetti, Penne und Buchstabennudeln, über Vollkorn- und Dinkelnudeln bis hin zu glutenfreien Sorten wie Kichererbsen- und Linsennudeln. Passend dazu gibt es das Tomatenmark von Rapunzel und Ketchup und Passata von Bananeira und dem Unverpacktverband, von denen es im Laden auch noch die Sheabutter, das Kokosöl, den Nuss-Nougat-Aufstrich und den Senf zu finden gibt, natürlich alles im Pfandglas erhältlich.
Aber kommen wir mal zu den wichtigen Dingen: dem Süß- und Salzwarenangebot! 🙂
Wenn Du das liest, kann es gut sein, dass sich das Sortiment bei Tante Emmas Bruder bis dahin schon verdoppelt hat, da Angebot und Nachfrage so groß sind, dass es schwer fällt, sich zu entscheiden. Hier gibt es:
- süße, sowie salzige Kekse in klassischen, sowie etwas ungewöhnlicheren Sorten von Krämer’s Biomanufaktur
- Gumminaschkram in zig Ausführungen, inklusive Lakritze und veganen Marshmellows von Ökovital
- Schokoladen von Fair Afric noch und nöcher
- Himbeeren und Nüsse mit Schokolade umhüllt
- Lutschbonbons
- würziges Knabbersoja
- dreierlei gewürzte Pretzels
- Powerriegel aus Trockenfrüchten und Nüssen
- und vieles mehr
Übrigens ist ein Großteil des Sortiments vegan, hier muss wirklich niemand verzichten.
(Ich spreche hier aus Erfahrung, es gibt wirklich mehr als genug! 🙂 )
Hier hat jedes Gläschen sein Schöpferchen.Im Hintergrund sieht Du links die Nudel- und rechts die Reisauswahl, die sich mit sieben Sorten ebenfalls sehen lassen kann.
Im Nebenzimmer findest Du allerlei Reiniger von Sodasan und eine Menge Hygiene- und Pflegeprodukte.
Das Putzsortiment umfasst Wasch- und Spülmittel in fester und flüssiger Form, Weichspüler, Bad- und Glasreiniger, Klarspüler, Kern- und Gallseife, Allzweckreiniger, Waschsoda, Natron, Zitronensäure und Regeneriersalz für die Spülmaschine.
In dem schönen Buffetschrank und rechts daneben findest Du zahlreiche Produkte für‘s Badezimmer. Ob die (Haar-)Seifen von Eleona, Rasierhobel von bambusliebe, Dusch- und Haarkurtaler von Kräutermagie, Taschentücher von Smooth Panda oder Duschgel und Handseife in Pulverform vom Less Waste Club und Trockenshampoo von puremetics (von denen es im Laden auch Peel-Off-Masken gibt). Außerdem gibt es Bodylotion, Shampoo und Duschgel zum abfüllen von fairsquared und die Handseife von Sodasan.
Zudem findest Du dort auch Luffascheiben als Seifenunterlage oder Küchenschwammersatz und verschiedene Metalldosen und Seifensäckchen für den Seifentransport unterwegs.
In der Caféecke im Laden findest Du einen weiteren schönen alten Buffetschrank. Wie in vielen anderen Unverpacktläden sind auch bei Tante Emmas Bruder die Möbel weitestgehend Second Hand oder sogar selbst gebaut. Hier gibt es allerlei zur Zahnpflege, wie die Bürsten und Zahncremese von Hydrophil und Ben&Anna (von ihnen gibt es auch die Deosticks), aber auch die Zahnseiden und Aufsteckköpfe für elektrische Zahnbürsten von tio und Zahnputztabletten von Denttabs.
Darüber stehen Sonnencremes von Villa Lavanda. Außerdem gibt es eine schöne Auswahl an festen Handcremes von Green Creme und eine ganze Reihe an Periodenprodukten, wie die waschbaren Binden von bloodmilla (aus Biberach) und die Tampons, Binden, Menstruationstassen, sowie vegane Kondome von Einhorn.
Übrigens führt Tante Emmas Bruder sogar Vitamin B12 Tabletten unverpackt, so sparst Du Dir die vielen Plastik- und Aluminiumblisterverpackungen der Apotheke.
Was Du sonst noch so alles bei Tante Emmas Bruder findest:
- Seifenblasen von EinhornPiPi
- Wachstücher von littlebeefresh aus Bodolz am Bodensee
- verschiedene Aufstriche von vegannett und gutding (auch sie gibts im Pfandglas)
- diverse Trinkflaschen
- Edelstahldosen, Eiswürfel- und Stieleisformen aus Edelstahl von brotzeit
- Straßenmalkreiden
- Untersetzer aus Holz und Kork
- Kerzen
- 1 für 4 und Naturwachspapier von Compostella
- Sprossengläser und -ständer von Eschenfelder
- diverse Büroartikel wie Textmarker mit Nachfüllmienen, nachhaltige Schulhefte, Spitzer aus Holz und dazugehörige Wechselklingen, nachhaltiges Klebeband u.v.m.
Auch die Auswahl an Essig und Öl (größtenteils von Byodo) ist groß mit
- Rapsöl
- Olivenöl
- Sonnenblumenöl
- Essigessenz
- Apfelessig
- Apfelbalsam
- Aceto Balsamico
- Sojasoße
- Weiß- und Rotweinessig
Und Frischwaren gibt es hier auch, darunter:
- Sojajoghurt von Sojade
- Haferjoghurt und Haferdrink von VeLike
- Tempeh aus Soja, Bohnen und Lupinen von der Tempehmanufaktur aus dem Allgäu
- Räucher- und Naturtofu von Svadesha aus München
- Kuhjoghurt und Kuhquark vom Bioland Hofladen Wolpold in Friedrichshafen
Im Café lassen sich zudem Nussecken von Meister Küfner, Sacherschnitten, Sommertörtchen oder selbst gebackener Kuchen genießen. Oder eine der eigens kreierten Joghurt-Müsli-Bowls, mit denen man sich durch das Sortiment an Trockenfrüchten und Müslis aus dem Laden essen kann.
Einen Einkauf gibt es dieses Mal nicht von mir, da ich fast jeden Tag irgendwas mitnehme, was gerade fehlt und ich deshalb keinen Großeinkauf gemacht habe.
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Ein Interview mit Bernd Köhler von Tante Emmas Bruder
Seit wann gibt es Deinen Laden?
Naja, ist die Frage was genau. Seit Oktober 2018 gibt es unseren Lieferdienst.
Am 24.08.2019 haben wir aus unserem Lager einen Laden gemacht und sind schließlich im Februar diesen Jahres in den jetzigen Laden umgezogen um uns zu vergrößern.
Wie bist Du auf die Idee eines Unverpacktladens gekommen?
Wir hatten bei einem Wettbewerb des Landratsamtes teilgenommen und waren deshalb öfter im Unverpacktladen in Markdorf, was natürlich nicht sehr ökologisch ist, dorthin mit dem Auto zu fahren. Deswegen habe wir beschlossen, das Konzept auch nach Friedrichshafen zu bringen und haben es innerhalb von drei oder vier Monaten umgesetzt und dann den Lieferservice gestartet. (Anmerkung der Autorin: Bei dem Lieferdienst bietet Bernd die Möglichkeit, sich im Friedrichshafener Umkreis den unverpackten Einkauf in Pfandgläsern, die es auch im Laden gibt, per Lastenfahrrad nach Hause liefern zu lassen. Bestellt wird ganz einfach über die Website.)
Mit der Zeit haben uns natürlich viele Stammkunden darauf angesprochen, ob wir nicht auch Lust hätten, einen Laden aufzumachen, da sie die Produkte gerne auch sehen, riechen und direkt einkaufen würden. Da wir uns am Anfang nicht so sicher waren, wie gut das ankommt, haben wir beschlossen, den Laden erst mal am Lagerstandtort einzurichten. Da der dann aber so gut angenommen wurde und wir gesehen haben, dass das funktioniert, haben wir beschlossen einen passenderen Standort zu suchen.
Der neue Laden ist im Gegensatz zum alten ebenerdig, größer, durch die große Fensterfront viel freundlicher. Und außerdem besser zu erreichen. Zudem haben wir jetzt auch ein kleines Café im Laden.
Was ist Dein liebstes Produkt/das der Kunden?
Abgesehen von Haferflocken?
Kunden: Eins der liebsten Produkte sind die getrockneten Mango und die gefriergetrockneten Himbeeren.
Bernd: Die frischen Frühlingsrollen und die Gewürzauswahl.
Was ist Dir bei der Produktauswahl besonders wichtig?
Natürlich dass es Bioprodukte sind, dass die Verpackung unserem Konzept entspricht. Dass regionale Produkte, sofern vorhanden, immer den Vorrang haben.
Dass die Wertschöpfung bei der Herstellung möglichst da liegt, wo es herkommt. Z.B. bei den Schokoladen von Fair Afric, die Gummibärchen werden in Bayern (Straubing) hergestellt.
Außerdem legen wir viel Wert darauf, dass es für unsere Kunden von Interesse ist. Deshalb fragen wir unsere Kunden auch, was sie gerne hätten und besorgen das dann auch nach Möglichkeit.
Vor welchen Herausforderungen stehst Du?
Dass das Geschäft sich weiterhin so gut entwickelt wie bisher.
Und vor der Herausforderung, dass es natürlich schwierig ist. Man muss seinen eigenen Platz finden um sich auch von den größeren Mitbewerbern wie den Supermärkten, die auch in einem gewissen Grad ein Unverpacktsortiment anbieten, abzugrenzen und abzuheben. Da ist unser Vorteil, dass wir persönliche Beratung anbieten.
Eine gute Auswahl, eine breite Palette und eine Variation an Produkten ist eine weitere Sache, wir haben z.b dreierlei Pfeffer.
Nächster Punkt werden die verschärften EU Verordnungen für den Verkauf von Reinigungsmitteln sein. Darin gibt es Vorschriften welche Gefäße vorabgefüllt verkauft werden müssen und stellenweise wer überhaupt die Produkte abfüllen darf.
Welche Vision hast Du?
Dass der Laden auf jeden Fall bleiben kann und wir noch mindesten 17 Mal umziehen müssen, weil wir immer größer werden. Wird könnten noch so viele verschiedene Dinge in unser Sortiment und System aufnehmen. Interessant wäre natürlich auch einen kompletten Bereich mit nachhaltigen Klamotten anbieten zu können und ein bio-veganes Restaurant auf der Dachterrasse und noch mehr so Spinnereien.
Wenn Du eine Sache am System ändern könntest, was wäre das?
Ich würde mir wünschen, dass jeder, der das ultimativ wichtigste Handelsprodukt überhaupt, nämlich Lebensmittel, herstellt, gut davon leben kann. Sogar mehr als gut und fair, um dabei auch die Umwelt schützen zu können, während er das tut. Ohne dabei die Umwelt aus Preisdruck zerstören zu müssen.
Dein persönlicher Tipp für ein nachhaltiges/unverpacktes Leben?
Kein Stress deswegen machen. Damit anfangen, was Dir als erstes in den Sinn kommt und was realistisch umsetzbar ist, in kleinen Schritten.
Was ist das Besondere an Deinem Laden?
Er sieht verdammt gut aus. 🙂
Das Besondere ist, dass die Kunden sich hier drin sehr wohl fühlen. Ist das dass Besondere oder das Schöne? Und dass wir ein sehr breites Sortiment haben und deshalb mit der Sortimentserweiterung auch niemals fertig werden.
Was möchtest du sonst noch sagen?
Leute, wenn euch was stinkt, dann schreibt euren Politikern/EU Abgeordneten. Wendet euch (in einem höflichen Ton), an diese Menschen. Ich habe jetzt auch festgestellt, das es sehr viele gibt, die dafür ein offenes Ohr haben und dass man selbst etwas ändern kann, wenn man seine Stimme gebraucht.
Und wie immer auch hier zum Abschluss meinen herzlichsten Dank an Bernd!
Dafür, dass wir unser beider Arbeitszeit hierfür so gut genutzt haben. 🙂 Vielen Dank für Deine Zeit!
Tatsächlich bin ich noch nie so langfristig jeden Tag mit Freude zur Arbeit (und genauso freudig wieder nach Hause) gegangen wie hier.
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