Unverpacktladen – Silo in Konstanz
Mit dem Zug nach Friedrichshafen und dann mit dem Katamaran über den See. Mein Ausflug nach Konstanz war schon auf dem Weg besonders. Schade, dass es so ein weiter Weg ist, ich bin so gerne in dieser schönen Stadt. Nicht nur, weil es dort eine ganze Menge leckeres veganes Angebot gibt, sondern auch, weil ich gern öfter mal im Silo vorbeischauen würde.
Wenn Du auch mal einen Blick in den Unverpacktladen von Bernhard Clasen, Julia Zachenbacher und Susan Rößner werfen möchtest, nehme ich Dich in diesem Artikel mit auf eine Tour durch den Laden. Nach dem Rundgang gibt es außerdem wie jedes Mal ein interessantes Interview mit einem der Betreiber vom Laden.
Schon im Schaufenster im Eingangsbereich wird mal wieder klar, dass ein ökologisches, umweltbewusstes und unverpacktes Leben mehr ist als ein Hippie-Hype. Sondern auch verdammt schick, ästhetisch und modern. Und fast so wie in dem Schaufenster sieht es auch in meinem Küchenschrank aus. Ich finde es unheimlich praktisch, gleich zu sehen, was und wie viel davon noch im Haus ist..
Das Silo ist wirklich ein Laden, der mitdenkt. Hier wird Verwertung und richtiges Recycling groß geschrieben. Deswegen kannst Du hier fast alles abgeben. Es gibt Sammelstationen für Korken, Kerzenreste alte Handys und Kronkorken. Denn in all dem stecken wertvolle Rohstoffe, die, in der Menge gesammelt, bzw. richtig recycelt, noch weiter verarbeitet oder wieder dem Kreislauf zugeführt werden können. Dass der Laden hier so ein großes Angebot für die Kunden hat, finde ich richtig klasse! Und natürlich stehen auch Einkaufskörbe für die Kunden bereit, in denen die gefüllten Behälter gesammelt werden können.
Außerdem wird Teilen hier groß geschrieben. So gibt es im Silo nicht nur eine Sammelstelle von der solidarischen Landwirtschaft, sondern auch die Möglichkeit Pflanzen zu tauschen oder weiter zu geben. Manche Pflanzen werfen nämlich tatsächlich so viel ab, dass mensch oft nicht mehr weiß wohin mit all den Ablegern. Und der:die Nächste kann dich dann darüber freuen. Das Silo gibt außerdem, sofern mal welche entstehen, Reste ihrer frischen Lebensmittel an Foodsharing weiter. Jetzt aber zur Ladentour.
Direkt im Eingangsbereich vom Silo finden sich gleich mal eine ganze Menge Frischwaren. Neben einer großen Auswahl an Obst und Gemüse steht direkt daneben ein großer Kühlschrank mit verschiedenen Lebensmitteln wie Joghurt, Quark,Sauerrahm, und Milch, sowie Haferdrink von VeLike und Kombucha von Voelkel, Limonaden von LemonAid und Bier von Lammsbräu.
Dahinter, direkt an der Theke des Cafés steht ganz neu eine Gefriertruhe, denn inzwischen gibt es sogar Eis im Pfandglas von der Allgäuer Eismanufaktur!
An der Theke finden sich außerdem noch verschieden Sorten Haferdrink von Voelkel, wie z.B. die Barista oder Hafer-Mandel-Drink und verschiedene Variationen von Seitan im Glas von Seitani.
Gegenüber geht es zur Haushaltswaren- und Hygieneabteilung.
Hier findest Du:
- Geschirr aus Emaille und mit Hitzeschutz aus Kork
- Flaschen von Soulbottles
- Edelstahlbehälter und -dosen in allen Formen und Größen von Ecobrotbox
- Bienenwachstücher und festes Spülmittel von little bee fresh
- ein wirklich riesiges Sortiment an Reinigern, Wasch- und Spülmittel von Sonett, wie z.B. Glasreiniger, Badreiniger, Flächendesinfektion und Handseife in verschiedenen Duftrichtungen
- flüssiges Shampoo und Duschgel von cmd Naturkosmetik
- natürlich die Bürsten von Redecker
- den Guppyfriend zum Auffangen von Mikroplastik beim Wäsche waschen
- die Spültücher von Sodasan und Groovy Goods
- Luffaschwämme von Naiked
- Glas- und Naturstrohhalme
- Sonnencreme von we love the planet
- Zahnpflege von DentTabs und Hydrophil
- Sheabutter zum Abfüllen
- waschbare Slipeinlagen und Binden von Almo, Menstruationstassen von fair squared und Menstruationsschwämmchen
- feste Creme, ob für Füße oder Körper von Sonnenreich, sowie ihre Shampooseifen und Fuß- und Erkältungsbäder in fester Form und Lippenpflegestifte
- noch mehr feste Creme von Green Creme und normale Cremes im Glas von fair squared
- festes Shampoo und Cremedeo von Nelumbo
- Stofftaschentücher und noch vieles mehr
Im hinteren Bereich des Ladens finden sich dann die übrigen Lebensmittel.
Du findest hier die üblichen Verdächtigen wie Nudeln, Hülsenfrüchte, Nüsse, Trockenfrüchte wie Pflaumen, Datteln, Aprikosen oder Mango, aber auch Feigen und Maulbeeren, Samen, verschiedene Reissorten, Kaffees, Müsli und Cornflakes, Pseudogetreide wie Buchweizen und Hirse, aber auch Polenta und verschiedenen gepufften Getreidesorten.
Und natürlich auch die Produkte in den Pfandgläsern von Bananeira und dem Unverpacktverband. Aber nicht nur ihren Senf, sondern auch andere Sorten von Pois, Zwergenwiese und Terrius.
Es gibt Essig und Öl, ein wirklich großes Angebot an verschiedensten Gewürzen und Backzutaten wie Johannisbrotkernmehl, Agar Agar, Backpulver, Vanillezucker und Maisstärke.
Du kannst Dir im Laden auch Dein Getreide oder Deinen Kaffee selbst frisch mahlen. Oder Deine Haferflocken eigens durch die Quetsche lassen.
Außerdem gibt es auch was für die Kleinen, nämlich Holzspielzeug von Senger, Plantoys und Woodenstory.
Was Du außerdem im Silo findest:
- Käse aus der Region und veganen „Käse“ von Cashewrella
- eine Auswahl verschiedener Tofusorten von der SomaTofurei aus Friedrichshafen
- Brot
- Säfte von Beutelsbacher
- getrocknete Tomaten und frische Oliven
- Kakaobutter
- Heilerde
- Sojamilch und Sojasahne von Soyka
- Sojaschnetzel
- Lupinenflocken
- verschiedene Mehle
- Aufstriche (u.a. mit Carob) von Garrofina
- die Weine von Riegel in der Pfandflasche
Natürlich gibt‘s auch im Silo wieder ein schönes buntes Sammelsurium an Süßem und Saurem zum Naschen.
Aber ein Highlight ist sicherlich auch das schöne Café. Im Silo kannst du sowohl drinnen als auch draußen im Innenhof sitzen. Bei eindrucksvollem Ladenambiente oder im super grünen Garten schmeckt der Cappuchino noch viel besser! Ich hab bei meinem Besuch den Eistee und die hausgemachte Focaccia probiert und kann es nur empfehlen. Die Sitzecken sehen nicht nur gemütlich aus, sondern bringen Dir wirklich einen Moment der Ruhe (trotz Kundenverkehr), was sicherlich auch an der Stimmung und dem Ambiente des Ladens liegt.
Besonders gefallen hat mir neben den schönen Möbeln, dem großen Angebot an veganen Produkten und den schönen Gewürzdosen auch die Containerwand bei der Süßigkeitenabteilung. Das macht den Laden auf jeden Fall einzigartig!
Was ich zuvor noch in keinem Unverpacktladen gesehen habe:
- getrocknetes Zitronengras
- Holzspielzeug
- Schabziegerklee
- festes Erkältungsbad
- Sojamilch im Glas
- Leindottersamen
- reine Kakaobohnen
- gebrannte Mandeln und Cashews (Und natürlich hab ich vergessen, welche einzupacken. Habalso schon einen Grund, nochmal vorbeizuschauen.)
- die super schönen Getreidesäcke
Auf Wunsch des Ladens, aus Zeit- und Platzmangel (im Rucksack) und aufgrund meiner Verpeiltheit gibt es in diesem Artikel weder einen Einkauf von mir noch eine Tour durchs Lager. Wenn Du mal hinter die Kulissen schauen willst oder Dich interessiert, was ich so in den Unverpacktläden einkaufe, wenn ich dort zu Besuch bin, schau gern mal in einem der anderen Unverpacktladentouren vorbei.
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Ein Interview mit Bernhard Clasen, einem der drei Betreiber vom Silo
Seit wann gibt es den Laden?
18.Mai 2019
Wie seid ihr auf die Idee eines Unverpacktladens gekommen?
Juli, eine Mitgründerin vom Silo hat früher selbst im Unverpacktladen gearbeitet und hatte etwa 1 ½, 2 Jahre vor dem Silo den Gedanken etwas Eigenes mit einem Café zu starten. Sie war davor auf Märkten aktiv und hat dort Upcyclingprodukte verkauft.
Juli, Susan und ich kannten uns. Julia und Juli haben hier zusammen Solawi gegründet, Susan betreibt außerdem den Onlineshop Monomeer und ist hier in Konstanz im Arbeitskreis Müll und quasi die Müllbeauftragte. Juli war also unsere Schnittstelle. Sie hatte bereits den anderen Unverpacktladen in Konstanz mit aufgebaut. Ein halbes, dreiviertel Jahr vor Eröffnung hatten wir uns getroffen, Ideen gesammelt und überlegt, wie das aufgezogen werden kann. Danach waren wir eigentlich auch schon alle überzeugt und mit im Boot.
Die Location haben wir durch Zufall erhalten, das hat sich aus einem Gespräch auf dem Markt ergeben. Zum Jahreswechsel war also die Immobilie klar und im Frühjahr haben wir eröffnet.
Juli ist inzwischen, Anfang 2021, aus dem Silo ausgestiegen.
Was ist dein/euer liebstes Produkt, das der Kunden?
Bernhard: Räuchertofu von der Somatofurei. Er ist einfach super, regional UND unverpackt.
Kunden: Müsli geht am meisten. Aber auch der Tofu ist sehr beliebt, ebenso das Nougat hier aus Konstanz, unsere selbstgebackenen Kuchen, Nüsse, Hafermilch, die Überlinger Nudeln und die Reinigungsmittel.
Was ist euch bei der Produktauswahl besonders wichtig?
Unverpackt, Großgebinde, Bioqualität (bestenfalls Bioland aufwärts), Regionalität, gute Logistik und Verfügbarkeit
Vor welchen Herausforderungen steht ihr?
Aktuell die Coronafolgen richtig abzufangen oder richtig einzuschätzen. Die Gastronomie ist noch nicht wieder so richtig angelaufen wie vorher. Natürlich war das ein finanziell ungünstiger Verlauf nach 10 Monaten Betriebslaufzeit. Durch den ersten Lockdown gingen unsere Umsätze erst mal um 50% zurück, da auch die Schweizer nicht mehr rüber kamen um einzukaufen. Außerdem war das Hygienekonzept sehr aufwändig und die Kunden besorgt und unsicher.
Ansonsten ist die aufwändige Logistik immer wieder eine Herausforderung. Wir haben etwa 50 verschiedene Lieferanten, zudem eine hohe Fluktuation der Mitarbeitern durch die Studenten und wir Inhaber haben alle einen Hauptjob und die Bereiche (Personal, Buchhaltung, Kasse, Betriebsführung, Vertrieb) aufgeteilt. Das alles zu koordinieren ist nicht immer einfach.
Welche Vision habt ihr?
An erster Stelle natürlich möglichst viel Verpackungsmüll zu vermeiden.
Bevor es die ganzen Veranstaltungsverbote gab, war eigentlich geplant, mit dem Laden auch eine Art Treffpunkt zu schaffen. Eine Schnittstelle zwischen grünen Gruppen. Bisher haben wir hier einen SoLaWi Verteilpunkt im Laden und arbeiten mit Lebensmittelrettern zusammen. Außerdem tagt der Arbeitskreis Müll hier.
Unsere Vision ist es aber, hier möglichst viele Gruppen zusammenzubringen, dass sich die Menschen hier finden, Aktionen planen, umsetzen und sich können. Eine Art ökologischer Knotenpunkt quasi.
Wenn ihr eine Sache am System ändern könntet, was wäre das?
Ein Pfandsystem im Lebensmittelbereich aufsetzen, dass es generell eines gibt. Zumindest für alle Produkte im Unverpacktbereich. Bei vielen Produkten und Händlern klappt das ja bereits mit den Pfandkübeln gut.
Dein persönlicher Tipps für ein nachhaltiges/unverpacktes Leben?
Naja, im Unverpacktladen einkaufen. 🙂
Für mich persönlich hat es den größten Effekt gehabt, mir nicht alles auf einmal vorzunehmen, wenn man das Ziel hat, ökologischer und nachhaltiger zu leben. Schritt für Schritt die Dinge angehen und umsetzen, nicht von heute auf morgen den ökologischen Fußabdruck optimieren oder allen Müll reduzieren wollen. Es dauert zwar etwas länger, aber es hat den besseren Effekt. Ich bin auch nicht von heute auf morgen müllfrei geworden bei Lebensmitteln. Ich habe auch ungefähr ein Jahr gebraucht, bis ich alles, was ich so im Haushalt verwende, umgestellt hatte.
Was ist das Besondere an eurem Laden?
Die Grundatmosphäre, vom Laden und den Kund*innen ausgehend. Das Gesamtbild, die Räumlichkeiten, wie wir sie bekommen und gestaltet haben, welche Produkte wir haben. Der Flair und die Atmosphäre des Ladens ist das, was ich am Laden am meisten schätze, oder was mir am positivsten in Erinnerung bleibt, wenn ich hier war.
Was willst Du gern noch sagen?
„Dieses Unverpackt“ in den Alltag einbauen ist am besten, wenn man es als Prozess sieht und nicht als Wettlauf. Sich bewusst machen, dass die Müllmassen, die wir produzieren, durch unseren regelmäßigen Konsum kommen. Wenn ich einmal im Jahr einen Döner in Alufolie kaufe, ist das nicht so schlimm, wenn ich aber meine Butter oder mein Shampoo jede Woche oder alle 4 Wochen in Plastik oder Alufolie kaufe, hingehen schon.
Das sind die Müllberge, die produziert werden, durch die regelmäßigen Konsumgüter. Wenn man da schaut, dass man aus seinem Alltag einen gewissen prozentualen Anteil unverpackt hinbekommt, ist das am effektivsten. Das ist, wie ich finde, eine der wichtigsten Sachen im Alltag, an denen man sich bei der Umsetzung orientieren könnte.
Dass dieses ganze Unverpackt noch in den Kinderschuhen steckt und klein ist im Vergleich zum Konventionellen, das ist klar. Aber das wird kommen.
Dass man von einem Unverpacktladen nicht reich wird, das weiß glaube ich jeder, bevor er einen Laden aufmacht. Es steckt viel Arbeit drin, viel Aufwand, mit wenig Gewinn. Aber am Anfang von so einer Branche ist das halt so, da werden wir durchkommen. Es macht ja auch Spaß, das muss man ja auch dazu sagen. Und irgendwann wird eine so breite Masse unverpackt einkaufen, dass es einen relevanten Einfluss auf den Müllberg hat.
Zum Schluss möchte ich mich noch bei Bernhard für seine Zeit bedanken, die er sich für mich genommen hat. Und natürlich beim ganzen Silo-Team für die Möglichkeit des Besuches. Ein wirklich schöner Laden mit einem tollen, engagierten und tatkräftigen Team!
Ich werde hoffentlich bald mal wieder auf der anderen Seeseite sein um die gebrannten Mandeln zu probieren. 🙂